Um alleine zum Waldbaden zu gehen, benötigst Du keine Anleitung. Im Grunde lässt sich Waldbaden kurz und knapp zusammenfassen: Dich in den Wald begeben und dort sein. Mehr nicht.
Da es Dir jedoch gerade am Anfang leichter fällt, wenn Du eine Orientierung hast,
lade ich Dich mit diesem Artikel ein, beim Waldbaden zu fühlen und zu schauen.
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Dies ist der 3. Artikel einer kleinen Artikel-Reihe darüber, wie Du Dich zu selbstgeführten Waldbaden-Spaziergängen mitnimmst.
Die beiden vorherigen Teile findest Du hier:
Teil 1: selbstgeführte Waldbaden-Spaziergänge — eine Anleitung
Teil 2: alleine Waldbaden — Vorschläge für ein vertieftes Eintauchen in die Natur
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alleine Waldbaden — eine Einladung zu fühlen und zu schauen
Warum nenne ich die Anleitungen, die ich Dir weiter unten beschreibe „Einladungen“?
Weil Dir viel Spielraum zur Verfügung steht, auszuprobieren, zu improvisieren, zu verändern, anzupassen oder wegzulassen. Ganz wie es Dir zusagt oder auch nicht.
Was ich beschreibe, sind Einladungen, die Natur auf eine bestimmte Weise wahrzunehmen. Es sind keine „Übungen“, die es zu absolvieren gilt — schon gar nicht, um etwas Bestimmtes zu erreichen. Waldbaden passiert von sich aus, selbst wenn Du Dich „nur“ achtsam im Wald aufhältst.
Waldbaden funktioniert ohne vorgegebenen Ablauf. Dich frei zu fühlen, auszuprobieren oder zu improvisieren, steht im Vordergrund. Je nachdem, was Dir im Wald begegnet oder was Du dort antriffst. Sollte dieser Vergleich für Dich funktioniert, stell Dir Waldbaden eher als einen intuitiven „Tanz“ mit der Natur vor und nicht wie eine choreografierte Übung beim Geräteturnen.
Wann immer ich zum Waldbaden rausgehe, finde ich besonders den Aspekt des Spielerischen entspannend. Daher: Pack Deine kindliche Neugier aus. Berühre und schaue Dir die Dinge an, als hättest Du sie nicht nie vorher in Deinem Leben gesehen (bei vielen Dingen ist das vermutlich auch so). Lass Dich darauf ein, was Du entdeckst, besonders die kleinen Dinge.
Eine Einladung zu berühren und zu fühlen
Die Dinge des Waldes
Wanderst Du durch den Wald, achte auf die Texturen um Dich herum und stelle fest, welche Dich einladen, Dich verstärkt auf sie zu konzentrieren. Sammle ein paar Gegenstände, die unterschiedliche Texturen haben. Erforsche diese Texturen mit Deinen Fingern, Deinen Händen, Deiner Haut. Wie fühlen sie die verschiedenen Texturen für Dich an?
Nimm ein Blatt vom Boden auf oder berühre eines an einem Baum oder Strauch und untersuche es. Wie fühlt sich die Oberseite an? Ist sie glatt oder rau? Warm oder kühl? Was ist mit der Unterseite? Fühlst Du einen Unterschied zur Oberseite? Welche Form hat das Blatt? Hat es Zacken? Ecken? Kanten? Vertiefe Dich in die Spielweisen der Natur und bewundere ihre Vielfalt.
Wasser und Feuchtigkeit
Gibt es Wasser oder einen Bach, tauche Deine Finger hinein und konzentriere Dich darauf, wie das Wasser Deine Hand kühlt. Spüre, wie es um Deine Finger fließt und welche Kraft es auf sie ausübt.
Bist Du in einem Gebiet mit viel Moos an den Bäumen oder auf dem Waldboden? Berühre es vorsichtig und spüre wie kühl und feucht Deine Finger werden.
Mit den Füßen fühlen
Waldboden ist eine Wohltat für Deine Füße. Zieh Deine Schuhe aus und erkunde, wie es ist, barfuß durch den Wald zu laufen. Da unsere Fußsohlen recht empfindlich sind, konzentriere Dich darauf, wie sich die unterschiedlichen Böden unter Dir anfühlen.
Mit dem gesamten Körper fühlen
Wechselst Du vom Sonnenlicht in den Schatten, spüre, wie Du die Temperaturveränderungen auf Deiner Haut oder die Veränderungen Deiner Körpertemperatur erlebst. Solltest Du vorher geschwitzt haben, nimm wahr, was passiert, wenn Du Dich in den Schatten oder kühlere Gebiete des Waldes begibst. Spüre, wie sich schwitzen auf Deinen Körper auswirkt und wie es hilft, Deine Körpertemperatur zu regulieren.
Weiter unten geht der Artikel weiter. Doch zuerst ein kleiner Werbeblock in eigener Sache:
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Eine Einladung zu sehen und zu schauen
Interessantes und Neues entdecken
Während Du Dich schlendernd durch den Wald bewegst, achte darauf, ob Deine Augen an etwas hängen bleiben. Was immer Dein Interesse weckt, halte inne und betrachte es eine Weile aufmerksam.
Wann immer Du die Lust dazu verspürst, lass Dich an Ort und Stelle nieder und schau, was sich sonst noch in unmittelbarer Nähe befindet. Vielleicht entdeckst Du Kleinigkeiten, die Du nie zuvor bemerkt hast, auch wenn Du die gleiche Strecke schon unzählige Male gegangen bist.
Hat es kürzlich geregnet, schau Dir an wie das Licht auf den Regentropfen glitzert. Scheint die Sonne, beobachte das Spiel von Licht und Schatten auf dem Waldboden.
Sitzt Du eine Weile still da, wirst Du vielleicht feststellen, dass die Insekten beginnen, ihren Aktivitäten nachzugehen, ohne sich um Dich zu kümmern. Manchmal setzen sie sich auch auf Dir nieder und ermöglichen es Dir, sie aus der Nähe zu beobachten.
Rein-zoomen und sich-wiederholende Muster entdecken
In der Natur gibt es eine unglaubliche Vielfalt an Regelmäßigkeit zu entdecken. Blätter, Samen, Äste und vieles mehr, entwickeln und wachsen nicht einfach wild in der Gegend herum. Oft steckt ein konkretes Muster dahinter.
Die Beobachtung dieser Muster hat unter anderem zu Entdeckung der „Fibonacci-Folge“ geführt. Das ist eine Zahlenreihe, bei der jede Zahl die Summe der beiden vorhergehenden Zahlen ist. Die großen Blühten der Sonnenblumen zeigen diese Regel in ihrer Vollendung.
Doch da es hier nicht um Mathematik, sondern die Schönheit der Natur geht, bewundere die vielen Blüten oder Samen und erfreue Dich schlicht und einfach an den Mustern, die sie bilden.
Welche Muster fallen Dir sonst noch auf? Die Anordnung von Gräser- oder Blütenblättern? Die Anzahl von Bucheckern oder Kastanien in einer Hülle? Die Regelmäßigkeit der Samen in einem Tannenzapfen?
Sollte es in Deinem Wald Farne geben, betrachte diese ausführlich. An einem Farn erkennst Du die, sich in sich selbst wiederholenden Muster (sogenannte Fraktale), die es häufig in der Natur zu beobachten gibt, besonders gut. Interessanterweise fand man bei wissenschaftlichen Untersuchungen heraus, dass Fraktale eine entspannende Wirkung auf uns haben. Probiere es aus!