Ich saß mit den Anderen aus meiner Naturcoaching-Ausbildung gemeinsam an einem Tisch. Draußen leuchtete das Maigrün der Bäume, die Sonne schien. Wir gaben uns Feedback zu unseren Naturerfahrungen.
Ich hörte aufmerksam zu. Suchte wohlwollende Worte für die anderen. Nahm ihre Rückmeldungen entgegen. Grenzte mich innerlich ab. Immer wieder. Immer mehr. Mit jedem Tag schwand meine Energie. Meine Gedanken kreisten nur noch um die anderen, meine eigenen Ideen verschwanden darunter.
Am Ende des Seminars fühlte ich mich wie nach einer durchzechten Nacht – benebelt, erschöpft, ausgelaugt. Und da war wieder dieses dumpfe Gefühl: Das war zu viel.
Ich gehe mit meinem Journal raus in die Natur, um in mich hineinzuspüren.
Ein paar Tage später saß ich mit meinem Journal in der Natur. Das mache ich immer nach Seminaren – früher, um den Stoff zu wiederholen, heute vor allem, um mich selbst zu sortieren. Ich blätterte durch meine Notizen. Las, was die anderen gesagt hatten. Und mir wurde klar, was ich schon über die Jahre gespürt hatte: In Gruppen fällt es mir schwer, Kontakt zu meinen eigenen Ideen zu halten. Mich selbst zu hinterfragen. Meine Gefühle wirklich wahrzunehmen. Ich bin bei den Anderen, im Außen, und nicht bei mir und dem, was für mich wichtig ist.
Wenn ich allein in die Natur gehe, komme ich zur Ruhe.
Niemand lenkt mich ab, niemand will etwas von mir. Ich lese meine Gedanken, nehme meine Gefühle wahr. Und ich kann unterscheiden: Ist das wirklich mein Gedanke? Oder kommt er von außen? Die Natur gibt keine Ratschläge. Sie bewertet nicht. Sie hört einfach zu.
Ich brauche keinen Kreis. Ich brauche Weite.
Dann tauchen Ideen auf – manchmal unvermittelt, manchmal aus der Tiefe aufsteigend. Und ich spüre: Das ist stimmig. Nicht für Person A oder Gruppe B, sondern wirklich für mich. Aus dieser Erfahrung ist eine Überzeugung gewachsen.
Der individuelle Weg ist nicht nur erlaubt, sondern wertvoll – und verdient Schutz vor äußeren Einflüssen
Diese Erkenntnis kam nicht über Nacht. Zuerst waren es nur vage Gefühle, ein Unbehagen, für das ich noch keinen Ausdruck fand. Dann häuften sich die Situationen, in denen ich merkte: Allein finde ich ehrlicher zu mir selbst. Mit der Zeit wuchs meine Überzeugung: Für echte Selbsterkenntnis brauche ich den Raum für mich allein. Nicht den Umweg über eine Gruppe.
Und das, obwohl Gruppen gesellschaftlich als das Nonplusultra gelten. Teamarbeit, Gruppendynamik, Schwarmintelligenz – überall wird die Gruppe gefeiert. Und die Individualität der Einzelnen? Muss häufig zurücktreten. Manchmal wird das Alleinsein-wollen sogar als unsozial bezeichnet. Der Druck, sich einer Gruppe anzuschließen, ist groß.
Ich möchte dieser – wie ich es empfinde – einseitigen Glorifizierung etwas entgegensetzen. Weil ich aus jahrelanger Erfahrung weiß: Alleinsein hilft mir, ehrlicher zu mir selbst zu finden.
Daher habe ich für mein Business diese bewusste Entscheidung getroffen: keine Gruppenangebote. Meine Angebote gestalte ich so, dass jede Frau sie individuell für sich umsetzen kann.
Denn neue Gedanken, stimmige Gefühle, inneres Wissen – all das sind zarte Pflänzchen. Sie benötigen Zeit, Ruhe und Schutz vor äußeren Meinungen. Sie brauchen die innere Erlaubnis, zu wachsen – langsam, stetig, in Deinem Tempo.
Das verlangt Mut. Den Mut, auch mal einen Spaziergang mit der Freundin abzusagen, um stattdessen allein loszuziehen. Den Mut, dem „will to please“ zu widerstehen, der uns Frauen seit Generationen anerzogen wurde. Den Mut, zu sagen: Ich brauche jetzt Zeit für mich.
Genau dafür gibt es Freiraum-Pfade: Raum für Deine eigenen Pfade.
Um langsam zu gehen. Dich zurückzuziehen. Dich auf das zu verlassen, was sich für Dich stimmig anfühlt.
Deine Pflänzchen verdienen diesen Schutz.
Sei gegrüßt,
Deine
FRAU BÖRD
P.S.: Wenn Du neugierig bist, wie Du allein in die Natur gehen kannst: Waldbaden alleine – Anleitung für Deinen selbstgeführten Spaziergang in der Natur zeigt Dir, wie Du Deinen ersten Pfad beginnst.
Das, was ich in diesem Einblicke-Artikel aus meiner Erfahrung heraus beschreibe, ist auch wissenschaftlich untersucht. In ihrem Buch „Auf die Füße, fertig, los!“ widmet Annabel Streets dem alleine unterwegs sein ein eigenes Kapitel. Sie zitiert einige Studien, die zeigen, wie wichtig Alleinsein ist: Sind wir allein in der Natur unterwegs, setzen wir uns eher damit auseinander, wer wir sind.
Wenn Du Dich für diese Studien interessierst, hier sind zwei Quellen: