Früh am Morgen, es ist schon warm. Ich radele über unbefestigte Feldwege, am Waldrand entlang. Das Gras auf den Wegen ist kurz gemäht — zum Glück, sonst wären meine Schuhe, Socken und Hosenbeine nass von der Feuchtigkeit der letzten Tage. Sommerschwüle.

Links von mir erstreckt sich ein Kornfeld, davor ein bunter Streifen mit blühender Wegwarte, Kornblumen und vereinzelten Tupfern von rotem Klatschmohn — Wildblumen durcheinander gewürfelt, frei. Ein Streifen alter Obstbäume grenzt das Ganze ab, manche schon abgestorben, dazwischen Hecken und Büsche. Ein Paradies für die Singvögel, die pünktlich angefangen haben zu singen.

Ich suche mir ein schattiges Plätzchen und beginne mit Qigong. Atemmeditation in Bewegung. Das langsame Kreisen meiner Arme löst Verspannungen im Nacken. Meine Augen bleiben offen — ich will den Schmetterlingen zuschauen, wie sie von einer bunten Blüte zur nächsten flattern.

Knapp über meinem Kopf sausen Mauersegler herum. Manche so nah, dass ich das scharfe Zischen höre, wenn ihre schmalen, gebogenen Flügel die Luft zerschneiden. Mitten unter ihnen und völlig unbeeindruckt trillert hoch oben eine Feldlerche. Etwas entfernt keckert ein Fasan. Die Mauersegler bleiben stumm — sie frühstücken in Stille. Es könnte fast kitschig idyllisch sein, wäre da nicht der unaufhörliche Fluglärm.

Auf dem Weg hierher bin ich durch konventionellen Obstanbau geradelt. Dort sind kaum Vögel zu sehen, Mauersegler schon gar nicht. Aber sobald ich hier in den Bereich des Naturschutzgebiets komme, tauchen sie auf. Hier gibt es für sie noch Nahrung. Wie schön. Mauersegler stehen auf der Roten Liste — gefährdet, da sie kaum noch Bruthöhlen finden.

Ich kann durchatmen. Den sausenden Vögeln zuzuschauen, befreit mich. Meine Bewegungen verschmelzen mit ihrem Flug — ich langsam und gleichmäßig am Boden, sie pfeilschnell durch die Luft.

Mitten in einer fließenden Bewegung stocke ich. In der Ferne höre ich ein dumpfes Grollen, mit der Zeit kommt es näher und wird lauter. Ein ADAC-Rettungshubschrauber. Sein Lärm löst die friedliche Atmosphäre auf. Mein Blick folgt ihm und ich denke: Da muss es wieder irgendwo gekracht haben, sonst wäre der Hubschrauber nicht in diese Richtung unterwegs.

Schon seltsam — ein lautes Geräusch, das mich sehr stört. Und doch lasse ich es anders über mich ergehen als andere Zivilisationsgeräusche. Ich bin nicht frei davon, Dinge zu bewerten. Auch wenn Lärm mir grundsätzlich sehr zusetzt, merke ich: Für mich gibt es unterschiedliche Arten von Lärm. Lärm, den ich akzeptieren kann, und Lärm, den ich nicht akzeptieren möchte. Letzterer schadet mir besonders.

Meine Qigong-Übungen habe ich beendet, ich gönne mir ein zweites Frühstück. Genüsslich schnuppere ich den Geruch der mitgebrachten Aprikosen. Fühle die Kühle der samtweichen Haut mit meinen Lippen. Beiße hinein und lasse den herben, süßsauren Saft auf meiner Zunge zerfließen. Der Tag kann kommen.


Schreibe einen Kommentar

Deine eMail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

{"email":"diese eMail-Adresse ist ungültig","url":"Webseiten-Adresse ungültig","required":"notweniges Feld bitte ausfüllen"}

Neue Pfade entdecken - Impulse, um bei Dir selbst anzukommen.

 Lass Dich inspirieren:
Gedanken, Anleitungen und Ideen rund um Naturverbindung, Journaling und innere Klarheit.

Melde Dich kostenfrei an – natürlich jederzeit abbestellbar.

Success message!
Warning message!
Error message!